Wie erkennt man eine gut gefertigte Tsuka?

 

Der folgende Artikel ist als Original im Blog von Tozando erschienen. Vielen Dank an Tozando für die freundliche Genehmigung der Übersetzung und Veröffentlichung! Bitte beachten: Aikido Linkenheim steht in keinerlei Geschäftsbeziehung zu Tozando.
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Geschrieben von Nayuta Matsuda, Schwertmacher (Tozando). Übersetzt von Lars Kövari.

Es gibt viele verschiedene Arten japanischer Schwerter: vom Shinken über das Iaito bis hin zum dekorativen Wandbehang. Heute schauen wir uns den einzigen Teil des Schwertes an, den man tatsächlich berührt: die Tsuka – und Du lernst einige Wege kennen, um eine gut gefertigte Tsuka von einer Schlechten zu unterscheiden.

Drei Tsukas
Wie erkennt man, ob eine Tsuka gut oder schlecht ist? Siehst Du den Unterschied?

1. Ist die Tsuka-ito straff gewickelt?

Ein Tsuka ist mit Tsuka-ito umwickelt. Das ist ein Band, das entweder aus Stoff oder aus Leder gefertigt wird. Wenn sich die Tsuka-ito hin und her bewegen lässt und es scheint, als würde sie sich allein durch Berührung lösen, dann sollte Dich das stutzig machen. Die Tsuka-ito sollte nicht verrutschen, wenn man sie berührt oder versucht, sie mit den Fingern zu verschieben. Das gilt besonders für neue Schwerter, denn mit der Zeit kann die Tsuka-ito aufgrund von Verschleiß etwas lockerer werden.

Wenn die Tsuka-ito nicht ordnungsgemäß gewickelt ist, kann dies zu schweren Verletzungen oder Unfällen führen. Bitte achte daher darauf, dass die Tsuka-ito korrekt und fest um die Tsuka gewickelt ist.

Straffe Tsuka
Bei einer richtig gewickelten Tsuka ist die Tsuka-ito straff und lässt sich nicht leicht bewegen
Lockere Tsuka
Bei einer schlecht gewickelten Tsuka ist die Tsuka-ito locker und kann mit geringem Aufwand verformt werden

2. Höhenunterschied zwischen der Tsuka-ito und der Fuchi / Kashira

Bei einer richtig gewickelten Tsuka gibt es keinen Höhenunterschied zwischen der Tsuka-ito und der Fuchi / Kashira. Wenn die Tsuka-ito deutlich übersteht, kann das bedeuten, dass die Tsuka-ito nicht mit der erforderlichen Spannung auf die Tsuka gewickelt wurde. Das sieht nicht nur schlecht aus, sondern beeinflusst auch den Griff beim Halten der Tsuka. Deshalb sollte man eine derartige Tsuka meiden.

Bei einer korrekt gewickelten Tsuka ist die Tsuka-ito bündig mit der Fuchi / Kashira
Diese Tsuka ist auch korrekt umwickelt. Man beachte, dass zwischen der Tsuka-ito und der Fuchi / Kashira kein Höhenunterschied besteht
Dies ist eine schlecht umwickelte Tsuka. Die Tsuka-ito ist nicht bündig mit der Fuchi / Kashira

3. Hat die Wicklung der Tsuka eine Vorder- und eine Rückseite?  

Katanas haben eine eindeutige Vorder- und Rückseite, wenn das Schwert in der Scheide getragen wird, genannt “Sashi-omote” (die vom Körper weg zeigende Vorderseite) und “Sashi-ura” (die in Richtung Hüfte zeigende “Rückseite”). In der Kunst des Tsuka-Maki (Tsuka-Umhüllung) gilt, dass die Wicklung an der Vorderseite mit einem “Ichimonji”, einer geraden Linie, beginnen muss. Abgesehen von bestimmten Schwertschulen wie dem Yagyu-Stil, sollte die Tsuka-ito auf der Vorderseite immer mit einer geraden Linie beginnen.

Auf der Vorderseite (Sashi-omote) der Tsuka beginnt die Tsuka-ito mit einer geraden Linie (Ichimonji)
Die Rückseite (Sashi-ura) weist keine gerade Linie auf. Wenn beide Seiten identisch aussehen, so ist die Tsuka – außer in wenigen Ausnahmefällen – nicht richtig gefertigt!

 

Mit dem Abschlussknoten verhält es sich auf die gleiche Weise. Auf der Vorderseite wird die Wicklung mit einem “Omote-Dome”-Knoten, auf der Rückseite mit einem “Ura-Dome”-Knoten abgeschlossen. Wenn die Abschlussknoten vertauscht und auf der falschen Seite des Tsuka angebracht sind, dann hat der Hersteller nicht die notwendigen handwerklichen Fähigkeiten für die Anfertigung der Tsuka.

Wenn es richtig gemacht wurde, bildet ein Omote-Dome-Knoten den Abschluss der Tsuka-Vorderseite (Sashi-Omote).
Die Rückseite (Sashi-ura) muss natürlich einen Ura-Dome-Knoten als Abschluss haben. Wie zu sehen ist, unterscheiden sich die Knoten auf der Vorder- und Rückseite deutlich!

4. Sind die Rauten in Größe und Form gleichmäßig?

Beim Umwickeln der Tsuka entstehen rautenförmige Öffnungen, an denen die darunterliegene Tsuka-same zu sehen ist. Eine Grundregel beim Aufbringen der Wicklung ist, dass diese Rauten in Größe und Form gleichmäßig sein müssen. Ist dies der Fall, so ist es eine Bestätigung für das Können des Handwerkers, der die Tsuka angefertigt hat. Wenn die Form oder Größe variiert, sieht das nicht nur amateurhaft aus. Es beeinflusst auch das Gefühl, wenn man das Schwert umfasst und benutzt. Achte also darauf, dass die Rauten auf der Tsuka die gleiche Größe und Form haben.

Eine gut gewickelte Tsuka mit gleichmäßig geformten Rauten auf der gesamten Länge. Die Wicklung beginnt mit einem Ichimonji und endet mit einem Omote-Dome-Knoten.

 

Dies ist auch eine schön gewickelte Tsuka, aber sie hat einen grundlegenden Fehler. Entdeckst Du Ihn? Der Abschlussknoten auf dieser Tsuka ist ein Ura-Dome (Rückseitenknoten), obwohl die gerade Linie (Ichimonji) am Anfang darauf hindeutet, dass dies die Sashi-omote-Seite (Vorderseite) der Tsuka ist. Damit ist es keine fachgerechte Tsuka-Wicklung.

 

Das ist eine schlecht gewickelte Tsuka. Wie man sieht sind die Rauten stark verformt und nicht einmal annähernd gleichmäßig. Man kann auch erkennen, dass das Loch für das Mekugi von der Tsuka-ito überdeckt ist. Auch wenn bei dieser Tsuka die Regeln des Tsuka-maki beachtet wurden, sind die Fähigkeiten des Handwerkers, der sie angefertigt hat, sicherlich nicht sehr gut.

5. Achte darauf, dass die Überkreuzungen der Tsuka-ito sich abwechseln

Die Tsuka wird mit einer einzelnen Tsuka-ito umwickelt. Sie wird mit der Mitte angelegt, und bei jeder Raute überkreuzen sich deren beiden Strang-Enden, wobei sich das jeweils obere und untere Ende abwechseln soll. Das heißt, wenn an der ersten Überkreuzung das eine Ende der Tsuka-ito oben liegt, sollte dieses an der nächsten Überkreuzung unten sein. Manchmal sieht man Tsukas, die so gewickelt sind, dass das gleiche Tsuka-ito-Ende immer oben liegt. Aber Vorsicht, dann handelt es sich um eine falsch gewickelte Tsuka. Bitte vergleiche die Bilder unten, um den Unterschied zu erkennen.

Bei einer richtig gewickelten Tsuka wechseln sich die oben liegenden Stränge der Tsuka-ito bei jeder Überkreuzung ab.

 

Hier ist zu sehen, dass die Tsuka-ito so gewickelt wird, dass sich die oben liegenden Stränge der Tsuka-ito bei jeder Überkreuzung abwechseln.

 

Diese Tsuka ist nicht nur schlecht gewickelt, wie man an den unförmigen Rauten erkennt. Wie du siehst, liegt auch bei den Überkreuzungen der Tsuka-ito immer der gleiche Strang oben / unten, wodurch sich die Tsuka-ito sehr leicht abwickeln kann, wenn sie zerschnitten wird.

 
Es gibt einen historischen Grund dafür, die zwei Stränge der Tsuka-ito an jeder Raute abwechselnd übereinander zu falten: es soll verhindern, dass sich die Tsuka-ito abwickelt, falls in einem Schwertkampf die Klinge des Gegners die eigene Tsuka trifft und die Wicklung zerschneidet. Den sorgfältigen Überlegungen und der Weisheit der Schwertmacher des feudalen Japans ist es zu verdanken, dass die Benutzer ihrer Schwerter weiter kämpfen konnten, selbst wenn ihre Tsuka-ito während der Schlacht zerschnitten wurde. Wurde die Tsuka-ito ohne abwechselndes Überkreuzen gewickelt, konnte sie sich leicht lösen und damit über Leben oder Tod entscheiden.

6. Achte auf die korrekte Ausrichtung der Menuki

Menuki [dekorative Symbole/Einlagen unter der Griffwicklung, A. d. Ü] haben eine vorgesehene korrekte Ausrichtung. Sie müssen richtig auf der Tsuka angebracht werden, bevor diese gewickelt wird. Falsch montierte Menuki sind undenkbar und zeigen einen absoluten Mangel an Können und Fachwissen seitens des Schwertmachers. Obwohl es keine speziellen Regeln gibt, müssen die Handwerker darauf achten, wie die Menuki aussehen, wenn das Schwert eingesteckt an der Taille des Übenden hängt. Menuki, die so aussehen, als wären sie verkehrt herum angebracht worden, konnten sich sogar negativ auf das Ansehen des Schwertkämpfers auswirken.

Es gibt viele verschiedene Menuki-Arten. Daher kann man nicht sagen, dass die folgenden Regeln für alle gelten, aber im Allgemeinen sollten die folgenden Regeln bei der Montage der Menuki beachtet werden:

Menuki in Tierform: Der Kopf oder der Körper des Tieres (falls der Körper in die eine Richtung zeigt, aber der Kopf in die andere Richtung gedreht ist) sollte in Richtung der Fuchigane zeigen.

Menuki in Pflanzenform: Die Wurzeln oder der Stiel sollten in Richtung der Fuchigane zeigen.

Hier ein Menuki-Paar, das Vögel darstellt. Das obere ist das “Omote Menuki” (Vorderseite) und das untere ist das “Ura Menuki” (Rückseite)

 

Das ist ein Menuki-Paar mit Tiger-Darstellungen. Oben das “Omote Menuki” (Vorderseite), unten das “Ura Menuki” (Rückseite). Bitte beachte, dass hier die Richtung des Körpers zählt, obwohl der Kopf des Tigers in die entgegengesetzte Richtung zeigt.

 

Dies ist ein Menuki-Paar das Blumen darstellt. Das obere ist das “Omote Menuki” (Vorderseite) und das untere ist das “Ura Menuki” (Rückseite)

 

Das sind die allgemeinen Regeln für das Aufbringen der Menuki. Wenn das Menuki verkehrt herum montiert wird, nennt man es “Nigeru-Menuki” (ein weglaufendes Menuki). Dies war bei den Samurai-Kriegern sehr unbeliebt, da es andeutet, dass sie lieber weglaufen würden, als bis zum Tod zu kämpfen. Für Menuki, die beispielsweise geometrische Formen oder nicht-lebendige Objekte darstellen, gelten diese Regeln natürlich nicht immer.

Wenn das Menuki richtig montiert ist, zeigt der Kopf des Welses auf dieser Tsuka in Richtung Fuchigane.
Wenn es richtig montiert ist, zeigt der Stiel dieses Blumen-Menukis in Richtung Fuchigane.

 

Auf dieser Tsuka wurde das Drachen-Menuki falsch montiert, so dass der Rücken des Drachen der Klinge zugewandt ist und er zudem in die falsche Richtung zeigt. Das bedeutet, dass das Menuki eigentlich für die Sashi-ura-Seite der Tsuka gedacht ist, aber stattdessen auf der Sashi-omote-Seite montiert wurde.

 

Wenn das Menuki richtig montiert ist, zeigt der Kopf des Welses auf dieser Tsuka in Richtung Fuchigane.

 

Wenn es richtig montiert ist, zeigt der Stiel dieses Blumen-Menukis in Richtung Fuchigane.

 

Auch wenn die Ausrichtung dieses Drachen-Menuki korrekt ist, sollte es eigentlich nicht auf der Sashi-ura, sondern auf der Sashi-Omote-Seite der Tsuka montiert worden sein. Beachte auch, dass das Menuki auf dieser schlecht gewickelten Tsuka nicht mittig und damit unfachmännisch montiert wurde.

 

Fazit

In vielerlei Hinsicht ist die Tsuka ein wichtiger Faktor für das Erscheinungsbild eines Schwertes. Eine nicht fachmännisch hergestellte Tsuka verleiht dem Benutzer ein weniger würdevolles Aussehen und behindert praktisch auch dessen Fortschritt als Kampfkünstler. Wenn Du auf die obigen Punkte achtest, solltest Du in der Lage sein, bis zu einem gewissen Grad eine gut gefertigte Tsuka von einer schlechten unterscheiden zu können. Verwende bitte diese Anleitung als Referenz, wenn Du dein nächstes Schwert kaufst.

Zu guter Letzt bleibt zu bemerken, dass jede Mühe, ein Schwert mit einer guten Tsuka zu finden, vergeblich ist, wenn man es dann falsch verwendet.

Arbeite nicht nur mit Kraft. Du bauchst den richtigen Griff (Tenouchi), wenn Du dein Schwert hältst. Dann wird auch die Tsuka lange halten. Wenn sie doch beschädigt wird oder sich lockert, obwohl Du sie richtig verwendet hast, dann benutze das Schwert bitte nicht weiter, sondern ziehe in Betracht, die Tsuka neu wickeln zu lassen.

Die Schwertmacher geben ihr Bestes, um Produkte herzustellen, die man sicher handhaben kann. Jeder Übende trägt aber die Verantwortung, dies mit gesundem Menschenverstand zu tun. Dies schließt ein, kein Schwert weiterhin zu verwenden, das auf irgendeine Weise beschädigt oder in schlechtem Zustand ist.

Denke an deine Sicherheit. Verwende nie ein Iaito, das nicht vollkommen in Ordnung ist.